Heute nicht, 2

Als wir uns dann schließlich draußen zu B gesellten, gefiel dem Kleinen Wunder der Platz nicht, den er ausgesucht hatte. Wieder jammern und weinen und Unzufriedenheit. Mittlerweile waren wir alle wirklich genervt. Und entschieden dann, die Zelte abzubrechen, da wir ohnehin noch nicht bedient worden waren.

Wir sind dann hier in Kneipenrestaurant gegangen, dass ist der Ort, an dem wir oft mit dem Wunder essen gehen. Hier fühlt sie sich sicher. Ab da klappte dann auch alles gut zwischen uns.

B überredete mich, den Abend mit ihm zu verbringen – es gab einiges an möglichem Programm und ein Teil von mir hatte da auch Lust dazu. Vor allem nach dem für mich stressigem Nachmittag. Ein anderer Teil wollte den Abend mit dem Kleinen Wunder verbringen … vor allem nach dem für uns beide stressigem Nachmittag. Aber ich fragte das Kleine Wunder, ob sie Lust habe, bei Papa zu schlafen. „Ja.“ Ich hatte mit dieser Antwort nicht wirklich gerechnet. Und ihr Papa sagte dann am Telefon, dass er nicht dagegen habe. Auch damit hatte ich nicht wirklich gerechnet.

Also holte er das Wunder später ab und ich bin mit B zu einer Party gegangen. Es war laut und voll und ich traf eine „Freundin“ die ich gar nicht mehr als Freundin sehe. So wechselten wir auch nur wenige Worte. Außerdem traf ich T, der betrunken war. Und auch das hat mich aufgewühlt. Ich kann mich selber nicht verstehen. Ich mag T sehr. Sehr. Er ist ein guter Freund geworden. Aber da ist etwas an ihm, dass mich noch mehr anzieht. Verliebt sein fühlt sich anders an. Und dann stand er vor mir und war nicht wirklich greifbar, weil er eben getrunken hatte. Und diese Distanz zwischen uns, die ist ein so vertrautes Gefühl für mich. Und etwas in mir, will diese Distanz unbedingt aufbrechen und ihm näher sein.

Und dann habe ich darüber nachgedacht, ob er nicht längst ein Alkoholproblem hat. Oder ob ich das überbewerte, weil ich eben die schlimmen Erfahrungen mit dem alkoholkranken XY gemacht habe. Und zugleich ist da diese Sehnsucht nach Nähe und dann waren sie da: Die leisen Gedanken, dass er vielleicht nur trinkt, weil er sich ein bisschen einsam fühlt: Und wenn ich ihm nun deutlich mache, dass ich mir mehr Nähe wünsche, dass er dann aufhören könnte zu trinken, das wir füreinander da sein könnten und alles gut werden würde. So fühlt sich Sucht an, oder? Diese Gedanken kenne ich doch. Diese Gefühle sind mir heimatlich vertraut. Das sind Vorstellungen und Ideen, die mir ein Gefühl von Machbarkeit verleihen. Die meinem Leben einen Sinn geben könnten. Die mich aufwerten. Denn wenn jemand wegen mir schlechte Angwohnheiten fallen lassen würde, – das wäre doch ein Beweis echter Zuneigung.

Aber ich weiß, das es so nicht geht. Jeder Mensch, kann immer nur sich selbst ändern. Es liegt nicht in meiner Macht jemanden zu ändern. Ich bin nur für mich verantwortlich (und für das Wunder natürlich, solange sie klein ist).

Das war der Moment, in dem ich abgewunken habe und die Party verlassen habe. Und mit Tränen in den Augen nach Hause gegangen bin. So überstark war diese Sehnsucht. Am Liebsten hätte ich mich in seine Arme geworfen und ihn um um einen Kuss gebeten. Und so ungesund ist diese Sehnsucht.

So sind die Männer, die mein Interesse wecken. Die Gefühle auslösen. Diese Distanz zieht mich an. Aber genau das ist ab jetzt mein verbotenes Land. Weil in diesem Land nur Krieg und Krise auf mich wartet. Und die Sehnsucht niemals Erfüllung finden wird.

Ich wollte lernen, mich zu zeigen. Aber wenn ich diesem Mann, diese Gefühle zeige ist das brandgefährlich für mich. Und ich brauche Freundschaften. Und vielleicht ist das alles auch nur in meinem Kopf. Ich und Gefühle – das ist und war immer ein Irrgarten der Verwirrung und Angst.

Ich bereue es, überhaupt auf diese Party gegangen zu sein und nicht mit dem Kleinen Wunder zu Hause bei mir geblieben zu sein.

9 Kommentare zu „Heute nicht, 2

      1. Ahja! Gut, dass ich das jetzt wieder weiß.
        Guck Mal, wie das kleine Wunder die Dinge mit etwas Abstand sieht, da gibt es so viele Phasen im Leben der Kinder. Oft erfüllen die einen Zweck, der gar nicht leicht herauszufinden ist. Verarbeitung und sowas. Erst neulich stand ein 10-Jähriger Junge vor mir, der bitterlichst weinte und schrie, dass er nicht mehr könne und alles sei zu viel und immer geht alles gegen ihn. Ich dachte schon, dass das eine Art Kinder-Burn-Out sein müsse.
        Beim Gespräch am nächsten Tag stellte sich heraus, dass der kleine Bruder dauernd schreit, auch nachts.
        Ich weiß nicht was hinter der Regelkonformität deiner Tochter steckt, natürlich nicht. Auf irgendwas reagiert sie sicher und ich bin mir gewiss, dass ihr Beiden das herausfinden werdet.
        (Vielleicht merkt sie auch, dass du dich von xy versuchst zu lösen und versucht nun anderswo Halt zu suchen…Nur eine Idee)

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      2. Danke für Deine Idee! Da bin ich selbst gar nicht drauf gekommen, obwohl es doch so nahe liegt. Und ich frage mich schon die ganze Zeit, warum ich auf dem einen Auge so schlecht sehen kann. *lach*

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  1. Ich möchte mal den Gedanken aufgreifen, dass das Kleine Wunder spürt, das du dich von XY lösen möchtest. Kinder haben ein sehr feines Gespür dafür. Sie nehmen dann unbewusst die Partei für den „Verlassenen“.
    Ich kann mich erinnern, als ich im Vorschulalter war, hatte meine Mama mal mitten in der Woche einen Kollegen zum Mittagessen eingeladen, weil „er in der Nähe etwas zu tun hätte“. Ich habe sofort die Spannung in der Luft gespürt, die bei dem Essen entstanden ist und wusste nicht, was los war. Ich wurde bockig. Das ist nun sooo lange her (über 50 Jahre), aber die Situation hat sich bei mir so sehr eingebrannt, dass ich immer noch das Bild von dem Kollegen und die Nudeln auf dem Teller im Kopf habe.
    Mir kam der Gedanke nur, als ich las, dass das Kleine Wunder zu Papa wollte und ihr vorher einen Ausflug mit B. gemacht hattet.
    Der Kollege meiner Mutter kam übrigens nie wieder.

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    1. Danke für die Geschichte. B und ich sind ja nur Freunde. Aber es ist ein neuer Mensch in meinem Leben und alleind as schon könnte auch eine Verunsicherung für sie sein. Zumal es eben auch ein Mann ist und es neben Papa nur wenige männliche Personen in unserem Leben gibt die eine Rolle spielen.

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