Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser

… und zwar zuallererst in sich selbst. In die eigene Wahrnehmung und in die eigene (Handlungs-)Kompetenz. Zumindest für mich ist das ein großes Thema.

 

Seminarerfahrungen

Am Samstag war ich dann doch im zweiten Teil meines seit Langem gebuchten Achtsamkeit-Seminars. Es war ein Meditationsworkshop und man könnte meinen, das sei entspannend. Ist es auch. Aber gerade auch dadurch, dass ich durch die Erkältung sehr geschwächt war, habe ich gemerkt, dass dies eben doch auch mühevoll ist und mit viel Disziplin verbunden ist. Während der Sitzmeditationen sehnte ich mich danach zu liegen, der theoretische Teil beinhaltete keinen neuen Input für mich und ich war schon kurz davor zu gehen … um dann zu Hause … zu liegen! Aber ich hielt durch.

Die für mich wirklich softe Yoga-Sequenz bot mir eine besondere Herausforderung: Nämlich zu akzeptieren, dass ich Hier und Jetzt selbst das sehr anstrengend finde und meine körperlichen Grenzen so tief lagen, dass ich dem Drang darzustellen, dass ich Yoga „ja schon gut kann“ wiederstehen musste. Und es doch nicht in Gänze tat. Es. War. So. Anstrengend. Dabei waren das Pipifax-Asanas für mich. Bleibt die Frage offen: Warum muss ich eigentlich mein „Können“ zur Schau stellen? Yoga ist nicht Können, Yoga ist tun. Yoga ist Jetzt. Yoga ist: in den eigenen Grenzen zu bleiben und Yoga ist nicht Ehrgeiz und Zielerreichung.

Und dann gab es noch die Imaginatonsreise zum Thema Vertrauen. In der Nachbesprechung fiel mir dann auch wieder ein, dass das auch schon im Titel des Kurses eingefügt war. Irgendwas mit Achtsamkeit und Vertrauen. Hatte ich (un)bewusst aus einer Vielzahl von angebotenen Achtsamkeits-Seminaren ausgewählt. Und dann wieder vergessen. Na sowas! Und in der Übung und Nachbesprechung wurde mir einiges klar. Nämlcih, dass ich ein riesengroßes Vertrauensproblem habe. Und das nicht erst seit gestern. Wem vertraue ich in meinem momentanem Leben? Die ernüchternde Antwort: Niemandem zu 100%. Es gibt ein paar 60, 70 oder vielleicht auch 80% Kandiat*innen. Am allermeisten vertraue ich meinem Kind.

 

Als-ob-Mädchen

Ich habe in den letzten 10, 15 Jahren viele Erfahrungen machen müssen, die mich als die Betrogene, Belogene zurück ließen. Aber das fußte vor allem darauf, dass ich mir selbst nicht vertraut habe. Denn die vermeintlichen Geheimnisse meiner Gegenüber, denen ich so naiv deren Worte glaubte, entblößten sich doch eigentlich in ihren Handlungen, die ich wahrnahm, deren Schrägheit ich erspürte  – um dann das Gefühl dazu weg zu sperren.

Und weiter zurück? Wem habe ich in meiner Kindheit vertraut? Meinen Eltern nicht. Zumindest nicht so, dass ich mich zeigen konnte. Ich habe immer so getan als ob. Als ob ich fröhlich wäre. Als ob ich mich über ein Geschenk freuen würde. Als ob ich keine Angst hätte. Als ob ich mich wohl fühlen würde. Als ob ich gern zur Schule gehen würde. als ob alles in Ordnung wäre. Ich habe nicht erzählt, dass mich ein Mann im Auto mitnehmen wollte.

Nachdem mein Vater ausgezogen ist, habe ich so getan als ob auch ich – wie meine Mutter – keinen Appetit hätte und im Essen gestochtert. Weil das doch ein deprimierendes Ereignis war und man nicht mehr genießen und lachen durfte. Und dann, als etwas Zeit vergangen war und ich wirklich deprimiert war, dannhabe ich wieder so getan, als wäre alles gut. Meine Noten waren gut. Ich habe alles „richtig“ gemacht. Als ob ich das einfach so wegstecke. Das meine Mutter  mit Selbstmord droht. Das ich keinen Kontakt zu meinem Vater habe. Das mein großer Bruder dicht macht und kein großer Bruder sein kann. Ich habe nicht erzählt, dass der Sportlehrer in die Mädchenduschen kam, dann und wann.

Ich habe ein Vertrauensproblem. Ein sehr großes. Und das macht mich traurig.

 

Geburt

Aber es gab da was … das Gebären. Das war eine erleuchtende Erfahrung der Hingabe für mich. Ich hatte keine Angst. Ich! Ich, die doch immer und vor allem Angst hat! Ich habe immer gesagt: Ach, zur Not würde ich das Kind auch allein zu Hause auf die Welt bringen. Haben schon Millionen Frauen vor mir geschafft. Ich habe mich eingebettet gefühlt in die Menschheitsgeschichte. In eine Geschichte voller gebärender Frauen. In einem immer wiederkehrenden Kreislauf von Geburt und Tod. Ich habe, ja tatsächlich, ich habe vertraut! Die Geburt im Geburtshaus, ich habe Glück gehabt, es hat nur ein paar Stunden gedauert und alles lief so glatt wie es nur laufen kann. Nicht einmal verletzt war ich. Ich war ein Tier, ein Werkzeug des Universums, es ist mir mir geschehen. Ich konnte es geschehen lassen.

Der gleiche Prozess passiert in klein manchmal, wenn ich schreibe. All mein guten Texte sind so entstanden. Sie sind nur durch mich hindurch geflossen, durch mich als Kanal und dann auf das Papier.

 

Immer der Anfang

Und das ist eine Ressource.  Dort finde ich mein Vertrauen, in diesem Erlebnis. Und ganz passend spürte ich in der geführten Meditation zum Thema Vertrauen das Gefühl dazu in meinem Unterleib.

Und das ist das wertvollste, was ich aus diesem Seminar mit nach Hause genommen habe: Die Neugier auf diese Ressource die da in mir schlummert. Die Neugier darauf, was passieren wird, wenn ich lerne zu vertrauen. Denn Neugierde ist immer der Anfang vom Tun.

Das Kleine Wunder wundert sich

vermutlich sehr darüber, was mit Papa los ist. Sie war von Sonntag Abend bis einschließlich Mittwoch früh bei ihm und hatte jeden Tag Bauchweh. Heute Morgen wollte sie nicht in die Schule, weil sie „zu müde“ war. Aber sie wollte so ganz und gar nicht. So wenig, dass ich mich an Kindergartenzeiten erinnert habe. Mit Schreien und Hauen und auf den Boden werfen. Auch draußen auf dem Bürgersteig.

Ihren Freund, der an der Ecke auf sie wartete, schickte ich dann alleine los. Irgendwann war ich selbst sehr wütend (Hilflosigkeit äußert sich dann oft so bei mir). Ich hatte weder gefrühstückt, noch geduscht, ich war auch nicht passend für die Witterung gekleidet, denn, dass ich mich so lange oder überhaupt draußen aufhalten würde, war nicht geplant. Und zog sie ärgerlich mit mir um die nächste Straßenecke Richtung Schule. Aber dann machte es auch schon „Plopp“ in mir, ich hielt an und nahm sie erstmal ganz fest in den Arm.

Sie weinte bitterlich. Nein, ich will nicht. Zu müde. Und die anderen Gründe erzähle ich Dir nicht. Wir schafften es dann aber bis zur Schule, bis vor das Klassenzimmer. Wo ich klopfte und die Lehrerin bat kurz raus zu kommen. Die reagierte – verständlicherweise – unwirsch. Es ist nicht erwünscht, dass Eltern mit in die Schule kommen und schon gar nicht ins Klassenzimmer. Es gibt einige Kinder, die häufig zu spät kommen und das stört natürlich sehr. Aber als die Lehrerin so unfreundlich reagierte, kamen auch mir die Tränen. Zu viel.

In der Nacht bin ich von einer scheußlichen Panikattacke aufgeschreckt, mit schlimmer Luftnot und dem Gefühl gar keinen Sauerstoff mehr einzuatmen, extremes Herzrasen – das hing mir noch nach.

Die Lehrerin kam dann aber doch vor die Tür und sprach mit uns und Das Kleine Wunder ging dann ins Klassenzimmer. Und die Lehrerin nahm mich in den Arm. Wir redeten noch kurz und nach der Schule hab ich Das Wunder direkt abgeholt und die ausnahmsweise nicht zum Hort gebracht.

Sie ist durcheinander, reagiert schnell ungehalten, schreit mich an. Jetzt ist eine Freundin hier, das tut ihr sichtlich gut.

Und ich? Habe jetzt festgelegt, dass der Papa sich um sich zu kümmern hat und Das Wunder erst wieder zu sich nehmen kann, wenn er sich besser fühlt. Sie wird ihn vermissen, aber sie braucht ein stabiles Zuhause. Papa ist krank und kann sich gerade nicht richtig um sie kümmern.

Die Lehrerin weiß Bescheid, die Leute im Hort wissen Bescheid.

Ich habe Rückenschmerzen, bin müde, sehr müde und aufgewühlt. Wie die nächsten Wochen aussehen werden, weiß ich nicht. Aber ich werde die Seele meines Wunders schützen und ich werde meine Seele schützen so gut ich nur kann. Morgen vereinbare ich einen Termin mit der Schulsozialarbeiterin. Ich hole mir so viel Unterstützung wie ich kann.

Tag ohne Farben

Traurig, sehr traurig ins Bett gegangen, unruhig geschlafen, deprimiert aufgewacht. Froh, heute meine monatliche Therapiestunde zu haben und dann war es so zäh. Die Therapeutin meinte irgendwann, sie hätte jetzt Watte im Kopf. Hatte ich schon vorher. Und hinterher. Und jetzt.

Und neben mir liegt eine Packung Antidepressiva, die mir der Schmerztherapeut, neben Ergotherapie, am Montag verschrieben hat. Heute erst hab ich das Rezept eingelöst. Unentschlossen. Ich hatte darauf gehofft, dass er mir was verschreibt. Und nun überwiegt die Angst vor Nebenwirkungen. Was, wenn alles nur noch schlimmer wird? Panikattacken und Unruhe als Nebenwirkung. Dankeschön. Absetzsyndrom. Toll. Schaffe ich es nicht doch besser ohne Medikamente? Wird mein Körper es mir nicht viel eher danken, wenn ich es ohne hinkriege? Das Gefühl von Depersonalisation, das ebenfalls als Nebenwirkung auftreten kann, kenne ich doch nur zu gut, es ist einer meiner schlimmsten Angsttrigger. Blutungsneigung, Übelkeit, Erbrechen (Ey, ich habe eine Emetophobie! Also Angst vor dem Erbrechen). Schlimmer gehts auch noch. Aber das ist dann nur selten der Fall.

Aber es soll langfristig gegen die Schmerzen helfen, gegen dieses lähmende Gefühl der Depression, gegen Angstgefühle. Das wäre ja ein Traum! Lande ich damit im Paradies der Leichtigkeit? Unwahrscheinlich. Aber ein bisschen mehr Licht wäre schon gut.

Ich fühle mich gerade jetzt überhaupt gar nicht in der Lage eine Entscheidung zu treffen. Es ist schon schwer genug, zu entscheiden, was ich Morgens anziehe, damit ich mich einigermaßen wohl fühle.

Ich vermisse T. Würde ihn gerne anrufen und mit ihm darüber sprechen. Aber da er sich nicht meldet, lasse ich es auch. Ich kenne das Gefühl, wenn jemand Gefühle für mich hat, die ich nicht habe. Das kann auch leicht mal nerven,

Mit Schmerzen umgehen

Gestern hatte ich endlich meinen ersten Termin beim Schmerzarzt. Ich leide schon lange, viele Jahre, unter Rückenschmerzen. In den letzten Jahren hat sich das verschärft. Es sind neue Schmerzstellen dazu gekommen, die Schmerzen sind immer häufiger so stark, dass sie mir den Schlaf rauben, meine Puls in die Höhe jagen und mich einfach zermürben.

Das war gestern ein positives Erlebnis! Endlich einer, der zuhört, das (mich) ernst nimmt und genau nachfragt. Nach diesem ersten Anamnese-Gespräch führe ich seit gestern ein Schmerztagebuch (ich trage mindestens 3x tgl. ein wie groß die Schmerzen auf einer Skala von 1–10 sind) und in zwei Wochen habe ich dann einen nächsten Termin, wo es dann um erste Maßnahmen gehen wird. Das kann dann gezielte Physiotherapie, Feldenkrais, ein Entspannungskurs, evtl. Medikamente, Psychotherapie, eine Selbsthilfegruppe … sein. Das nenne ich ganzheitlich.

Ich bin noch da

… aber ich arbeite wieder ganz normal. Wobei es „normal“ in meinem Leben gar nicht gibt. Aber ich arbeite eben so viel wie ich es schaffe zu arbeiten, ohne dabei komplett auszubrennen. Und das heißt, dass ich viel vor dem Computer sitze. Und das wiederrum heißt, dass ich wenig Lust habe, dies in meiner Freizeit dann auch noch zu tun um zum Beispiel Blogeintröge zu verfassen. Das ist traurig und doof, zumal ich eigentlich viel inneren Schreibbedarf habe, besonders zur Zeit. Ich weiß abe rnicht, wie ich es momentan ändern soll.

Dabei weiß ich, DASS ich etwas ändern MUSS, damit es mir gut gehen kann. Da hake ich seit Monaten dran. Und es wird nicht besser. Ich sehe gerade ein, dass ich eine Depression entwickle, oder habe? Aber keine Therapie mehr. Außerdem leide ich unter chronischen Schmerzen, habe aber bisher den Weg zum Schmerzarzt gescheut, weil dies wohl regelmäßige Termine nach sich ziehen würde. Das würde noch mehr Stress verursachen. Und ich wüsste auch gar nicht, wie ich das machen sollte. Ich bräuchte jedes Mal Begleitung zu den Terminen wegen dieser meiner verf*ten Agoraphobie. Ich habe aber keine Begleitung. Meine Mutter würde das machen. Aber das wäre so dermaßen ungesund für mich, dass es mir dann eher noch schlechter gehen würde. Von XY habe ich mich endlich getrennt.

Bis bald, ich gehe jetzt heim und mache Dehnungsübungen gegen die Rückenschmerzen.